Das Wichtigste zum Thema "Kündigungsschutz ab 55 Jahren"
Eine pauschale Unkündbarkeit gibt es auch bei älteren Arbeitnehmern ab 55 Jahren nicht – der Arbeitgeber muss das Lebensalter bei seiner Sozialentscheidung aber berücksichtigen
Tarifverträge wie der TVöD können eine Unkündbarkeit vorsehen, wenn eine bestimmte Betriebszugehörigkeit erreicht und zudem das festgelegte Alter überschritten ist
Die außerordentliche Kündigung ist unabhängig vom Lebensalter, etwa bei besonders schweren Verstößen, immer möglich. Selbst Beamte, die die „sichersten Jobs“ bundesweit innehaben, können in derartigen Fällen aus dem Dienst entlassen werden
Nutzen Sie unsere Erstberatung durch Arbeitsrecht-Experten und erfahren Sie umgehend, was Ihnen zusteht.
1Kündigung älterer Arbeitnehmer: Welche Anforderungen gibt es?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber bei einer geplanten Kündigung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen. Sie sieht folgende Schritte vor:
Ist die Kündigung geeignet, das gewünschte Ziel (Entlassung) zu erreichen?
Darf der Arbeitgeber kündigen oder stehen gesetzliche Vorgaben entgegen?
Braucht es tatsächlich eine Kündigung oder gäbe es ein milderes Mittel (etwa eine Versetzung)?
Wiegen die Interessen des Arbeitgebers schwerer als die des Arbeitnehmers?
Das heißt:
Nur wenn alle Fragen mit „ja“ beantwortet werden können, darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen. Die Schritte sind bei allen Formen der Kündigung einzuhalten; auch das Arbeitsgericht geht bei der Prüfung nach diesen Gesichtspunkten vor.
Tarifvertragliche Unkündbarkeit
Sieht der Tarifvertrag eine Unkündbarkeit vor und trifft diese auf den Mitarbeiter zu, muss der Arbeitgeber prüfen, ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Das ist immer dann der Fall, wenn es einen wichtigen Grund gibt, der einer Weiterbeschäftigung im Weg steht – etwa hier:
Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat erheblich gegen die betriebliche Ordnung oder gegen Strafgesetze verstoßen, beispielsweise durch sexuelle Belästigung von Kolleginnen
Das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist vollständig zerstört, etwa durch einen Diebstahl betrieblicher Güter
Das Unternehmen wird aufgegeben oder geschlossen – hier fällt der Arbeitsplatz endgültig weg
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Hinweis:
Ein Verkauf des Betriebs ist keine Betriebsaufgabe. Der neue Inhaber muss das bestehende Beschäftigungsverhältnis fortführen und auch die unkündbaren Mitarbeiter weiterbeschäftigen (§ 613a Abs.4 BGB)!
Gesetzliche Kündigungsverbote
Eine Kündigung darf außerdem nicht sozial ungerechtfertigt sein (§ 1 KSchG). Bei der Ermittlung der sozialenKriterienspielt zwar das Lebensalter keine Rolle, Punkte wie Unterhaltspflichten (etwa durch Kinder) und eine lange Betriebszugehörigkeit hängen aber oft mit dem Alter zusammen. Somit ergibt sich eine indirekte Kündigungshürde durch das Lebensalter der oder des Beschäftigten. Im Rahmen eines Sozialplans kann der Arbeitgeber außerdem weitere Kriterien festlegen.
2Arbeitslosengeld bei Arbeitnehmern ab 55
Um die finanziellen Folgen einer Kündigung zu lindern, zahlt die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld I aus. Wie lange die Unterstützung gezahlt wird, richtet sich gemäß § 147 SGB III nach den Kriterien „Beschäftigungsdauer“ und „Lebensalter“. Hier profitieren ältere Arbeitnehmer also unmittelbar von ihrem Alter. Die Bezugsdauer ist gestaffelt:
Wer mindestens 30 Monate beschäftigt war und 50 Jahre oder älter ist, erhält für bis zu 15 Monate Arbeitslosengeld I
Bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens 36 Monaten und einem Lebensalter ab 55 wird das Arbeitslosengeld I für längstens 18 Monate gezahlt
Für bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I erhält, wer 48 Monate angestellt war und ein Lebensalter von 58 Jahren erreicht hat
Beachten Sie:
Beide Voraussetzungen müssen jeweils gemeinsam vorliegen. Fehlt es an einer der Bedingungen, bleibt es bei der Höchstbezugsdauer von 12 Monaten.
3Kündigungsschutz vs. besonderer Kündigungsschutz
Unter den „normalen“ Kündigungsschutz fallen alle Arbeitnehmer, auf die das KSchG Anwendung findet. Das ist der Fall, wenn die Beschäftigungsdauer zum (geplanten) Kündigungszeitpunkt mindestens sechs Monate beträgt und der Betrieb zehn oder mehr Beschäftigte hat. Eine Kündigung darf dann nicht „sozial ungerechtfertigt“ sein – ein zunächst unbestimmter Rechtsbegriff, der aber durch die in § 1 Abs.3 genannten Kriterien konkretisiert wird.
Vom „normalen“ ist der „besondere“ Kündigungsschutz zu unterscheiden. Er geht über die Regelungen des KSchG hinaus und wird durch eigenständige Vorschriften – etwa im Betriebsverfassungsgesetz und in den Sozialgesetzbüchern – konkretisiert. Besonders geschützt sind etwa folgende Mitarbeitergruppen:
Schwangere und Mütter. Vorschrift: Mutterschutzgesetz (MuSchG); behördliche Zustimmung bei Kündigung erforderlich
Mitglieder der Personalvertretung. Vorschrift: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); Zustimmung der anderen Personalvertreter oder des Arbeitsgerichts erforderlich
Schwerbehinderte. Vorschrift: SGB IX; Zustimmung des Integrationsamts bei Kündigung erforderlich
Auszubildende und dual Studierende. Vorschrift: Berufsbildungsgesetz (BBiG); ggf. Zustimmung des Ausschusses bei der zuständigen Kammer (etwa IHK) erforderlich
Es gilt:
Die zustimmungsbefugten Stellen prüfen jeweils, ob tatsächlich ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt. Ohne entsprechende Zustimmung darf der betroffene Mitarbeiter unter keinen Umständen entlassen werden.
4Alter als Kündigungsgrund?
Das Alter eines Beschäftigten darf niemals der alleinige Kündigungsgrund sein – kündigt der Arbeitgeber nur wegen des Lebensalters, liegt ein Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot vor. Die Kündigung ist von vornherein unwirksam.
Etwas komplexer wird es bei personenbedingten Kündigungen. Kann der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Leistung aufgrund des Alters und mit ihm verbundener Leiden (etwa Rückenbeschwerden) nicht mehr erbringen, darf der Arbeitgeber personenbedingt ordentlich kündigen. Das geht aber nur, wenn es sich um einen Leistungsabfall handelt, der im Vergleich mit ähnlichen Arbeitnehmern überdurchschnittlich hoch ist.
Tipp:
Gehen Sie in jedem Fall gegen eine personenbedingte Kündigung, bei der Ihr Lebensalter als (heimlicher) Kündigungsgrund im Raum steht, vor. Bestätigt sich Ihre Vermutung, erklärt das Gericht die Kündigung für unwirksam.
5Erleichterte Befristung älterer Arbeitnehmer
Eine sachgrundlose Befristungdarf, wenn der Arbeitnehmer das 52. Lebensjahr vollendet hat, für bis zu fünf Jahre vereinbart werden (§ 14 Abs.3 Teilzeit- und Befristungsgesetz; TzBfG).
6So gehen Sie gegen Ihre Kündigung vor
Besonders bei älteren Arbeitnehmern können die Folgen einer Kündigung sehr schwerwiegend sein. Lassen Sie daher in jedem Fall prüfen, ob die Entlassung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt war.
helpcheck prüft Ihre Kündigung kostenfrei und unverbindlich. Durch unsere Zusammenarbeit mit erfahrenen Anwälten für Arbeitsrecht stellen wir sicher, dass Sie sich gegen Ihren Arbeitgeber durchsetzen – notfalls auch vor dem Arbeitsgericht.
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