Die Anhörung im Bußgeldverfahren: Rechte und Pflichten von Verkehrsteilnehmern
Autor:
Timo Schell
Rechtsanwalt
|
helpcheck
Das Wichtigste in Kürze
Die Anhörung im Bußgeldverfahren ist ein gesetzlich vorgeschriebener Verfahrensschritt nach § 55 OWiG, der dem eigentlichen Bußgeldbescheid vorausgeht.
Eine Anhörung im Bußgeldverfahren ohne den Betrag der Geldbuße zu verschicken, ist normal (konkrete Strafen werden erst im Bußgeldbescheid festgelegt).
Verkehrsteilnehmer haben das Recht zu schweigen und müssen sich nicht selbst belasten.
Starten Sie jetzt den kostenlosen Bußgeldcheck und prüfen Sie, ob sich rechtliche Schritte lohnen – auf Wunsch mit anwaltlicher Unterstützung.
Pro Jahr werden in Deutschland mehrere Millionen Bußgeldverfahren eingeleitet, wobei die Geschwindigkeitsüberschreitungen einen sehr hohen Anteil ausmachen. Wird eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr festgestellt, setzt sich ein festgelegter Verfahrensablauf in Gang, in den auch die Anhörung im Bußgeldverfahren eingebettet ist.
Zu den rechtlichen Grundlagen gehört das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) in Verbindung mit der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und dem Straßenverkehrsgesetz (StVG). Neben einer (deutlich zu hohen) Geschwindigkeit sind es Rotlichtverstöße (hier besonders die qualifizierte Form) oder eine Unterschreitung des Abstands, die Bußgeldbescheide auslösen.
Das Verfahren folgt einem klar definierten Ablauf:Der Verstoß wird durch Blitzer, Verkehrskontrollen oder andere Überwachungsmaßnahmen dokumentiert. Im Anschluss ermittelt die zuständige Bußgeldstelle – dazu wird das Kennzeichen benutzt – den Fahrzeughalter und leitet das Bußgeldverfahren ein. In dieses ist die Anhörung als zentrales Element (basierend auf § 55 OWiG) eingebunden und setzt § 163a Abs. 1 der Strafprozessordnung im Verfahren.
Grundsätzlich gibt die Anhörung den Beschuldigten die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen und diese schon vor dem Erlassen des Bußgeldbescheids auszuräumen. Für die Bußgeldstellen hat die Anhörung unter anderem die Aufgabe, die Zahl der Einsprüche zu reduzieren – von Haltern, die nicht gefahren sind und den Verstoß demzufolge auch nicht begangen haben.
Hintergrund: Das deutsche Verkehrsrecht basiert auf dem Grundsatz der Täterhaftung, nicht der Halterhaftung. Dies bedeutet, dass nur jene Person bestraft werden kann, die den Verstoß tatsächlich begangen hat. Da aber über das Kennzeichen zunächst nur der Halter ermittelt werden kann, dient die Anhörung der Klärung des Sachverhalts.
Strafen und Sanktionen im Bußgeldverfahren
Ein im Bußgeldverfahren erlassener Bußgeldbescheid kann verschiedene Sanktionen umfassen, die sich an der Schwere der begangenen Ordnungswidrigkeit orientieren. Das Spektrum reicht von Bußgeldern ab 60 Euro bis hin zu mehrmonatigen Fahrverboten. Die Strafen für einzelne Verstöße legt der bundeseinheitliche Bußgeldkatalog (BKatV) fest. Je schwerer die Ordnungswidrigkeit anzusehen ist, desto schwerer werden auch die Strafen. In besonders schweren Fällen kann von Behörden sogar ein Entzug der Fahrerlaubnis in Erwägung gezogen werden.
Oft kommt es zu mehreren hundert Euro als Bußgeldund Punkte im Fahreignungsregister (FAER), für die bei Erreichen von acht Punkten der automatische Entzug der Fahrerlaubnis vorgesehen ist. Vor dem Hintergrund der Schwere verschiedener Strafen aus dem Bußgeldverfahren nimmt die Anhörung eine zentrale Rolle ein.
2Funktion und Bedeutung der Anhörung
Zentral für die Funktion und Wirkung der Anhörung ist § 55 OWiG. Demnach hat jeder Beschuldigte das Recht, vor Erlass eines Bußgeldbescheids zur Sache gehört zu werden bzw. zu dem Vorwurf Stellung zu beziehen. Dieser Verfahrensschritt gewährleistet, dass Beschuldigte nicht ungehört verurteilt wird und stellt sicher, dass Umstände in die verhängte Strafe einfließen können – wie zum Beispiel ein medizinischer Notfall im Auto, bei dem mit dem rechtzeitigen Eintreffen des Rettungsdienstes nicht mehr zu rechnen war.
Damit übernimmt die Anhörung eine wichtige Aufgabe in der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit und der Bemessung der Strafen. Betroffene Halter nutzen diesen Schritt beispielsweise für die Erklärung, zum Tatzeitpunkt nicht selbst gefahren zu sein. Parallel übernimmt sie eine wichtige Funktion in der Ermittlung des Täters, schützt gleichzeitig aber auch Angehörige der Halter – durch das Mittel des Zeugnisverweigerungsrechts. Letztlich ist die Anhörung die Grundlage für ein faires Verfahren.
Besonders im Zusammenhang mit Identitätsdiebstahl ist der Anhörungsbogen ein wichtiges Instrument. Machen Verkehrssünder nach einem Verstoß falsche Angaben zur eigenen Person und lenken damit die Aufmerksamkeit ab, kann dies ernste Folgen haben. Verschickt die Bußgeldstelle einen Anhörungsbogen, sollte die Möglichkeit zur Richtigstellung in jedem Fall konsequent genutzt werden. Übrigens: Falsche Namensangaben im Bußgeldverfahren sind für sich genommen schon nach § 111 OWiG eine Ordnungswidrigkeit.
Grundlegender Aufbau eines Anhörungsbogens
Der genaue Aufbau einer Anhörung kann sich in den Details zwischen den Behörden zwar unterscheiden, der Bogen folgt aber einer grundlegend ähnlichen Struktur aus:
Belehrung
Angaben zur Person des Beschuldigten
Angaben zur Sache.
Den Abschluss bilden Ort, Datum und Unterschrift. Dieser Aufbau entspricht in der Regel einer bis zwei DIN-A4-Seiten.
3Warum fehlen in der Anhörung konkrete Strafen?
Autofahrer sind mitunter verunsichert, da die Anhörung oft noch kein Strafmaß umfasst. Aber: Dass zwar zum Vorwurf klar Stellung bezogen wird, aber die Sanktionen fehlen, eine Anhörung im Bußgeldverfahren also ohne Betrag verschickt wird, erklärt sich aus dem Ermittlungscharakter. Die Informationen aus der Anhörung sollen ja dazu beitragen, den Verstoß in seiner Schwere und Tragweite zu bewerten. Hintergrund: Zum Zeitpunkt der Anhörung ist noch nicht endgültig geklärt, wer tatsächlich für die Ordnungswidrigkeit verantwortlich gewesen ist. Erst nach Abschluss des verkehrsrechtlichen Ermittlungsverfahrens wird der Bußgeldbescheid mit den entsprechenden Sanktionen erlassen.
4Ausfüllen der Anhörung: Darauf müssen Autofahrer achten
Sobald die Anhörung zugestellt wird, stellt sich die Frage: „Muss ich Anhörung im Bußgeldverfahren zurückschicken oder nicht?“. Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, die Anhörung auszufüllen oder zurückzusenden. Im deutsche Rechtswesen ist auch verankert, dass jeder Beschuldigte zu Vorwürfen schweigen darf und keine Stellung beziehen muss. Allerdings ist diese Haltung mit gewissen Risiken verbunden. Wer sich im Anhörungsverfahren nicht äußert, kann auch nicht zur Entlastung der eigenen Person beitragen.
Sobald HalterAngaben machen können, die Strafen wie Fahrverbote oder Punkte in Flensburg abwenden, empfiehlt es sich, die Anhörung im Bußgeldverfahren auszufüllen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn am Tatzeitpunkt andere Personen gefahren sind. Wichtig: An dieser Stelle das persönliche Schutzbedürfnis über die Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben zu stellen, zieht schnell strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da das Strafgesetzbuch unter anderem in § 164 StGB bis fünf Jahre Freiheitsstrafe für falsche Verdächtigung vorsieht.
Das Zeugnisverweigerungsrecht in der Anhörung
Nicht mit dem Auto gefahren zu sein, ist einer der wichtigen Gründe, die Anhörung im Bußgeldverfahren auszufüllen. An dieser Stelle übernimmt sie eine Schutzfunktion. Autofahrer sollten im Verfahren berücksichtigen, dass gegenüber der eigenen Person und engen Angehörigen einZeugnisverweigerungsrecht besteht.
Über die Pflichtangaben hinaus kann auf weitere Auskünfte verzichtet werden, da sich im deutschen Recht niemand selbst belasten muss. Eingeschlossen sind folgende Personen:
Ehepartner,
Lebenspartner,
Verlobte sowie
Verwandte in gerader Linie
Geschwister
miteinander verschwägerte Personen.
Sie haben einen Anhörungsbogen erhalten? Jetzt kostenlos prüfen, ob sich ein Einspruch gegen das drohende Bußgeld lohnen könnte.
5Setzt der Bußgeldbescheid immer eine Anhörung voraus?
Im Bußgeldverfahren kann es vorkommen, dass Verkehrsteilnehmer keinen Anhörungsbogen erhalten. Dahinter muss sich nicht zwingend ein Verfahrensfehler verbergen. Gerade im vereinfachten Verwarnungsverfahren kann die zuständige Behörde auf diesen Schritt verzichten.
Sofern es sich um ein Verfahren basierend auf § 55 OWiG handelt, wäre die Unterlassung einer Anhörung allerdings als Verfahrensfehler zu werten. Auf diese Tatsache kann sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid stützen. Die Beweislast für Versand und Zustellung der Anhörung trägt die jeweilige Behörde.
Wichtig ist, die Einspruchsfrist von zwei Wochen unbedingt einzuhalten. Sie beginnt mit der Zustellung des Bußgeldbescheids und endet unabhängig von Wochenenden oder Feiertagen. Der Einspruch muss schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde erfolgen.
Häufige Fragen zu „Anhörung im Bußgeldverfahren ohne Betrag”
Warum erfahre ich aus der Anhörung nichts zum Bußgeld?
Wird wegen eines Blitzers oder Alkohol am Steuer eine Anhörung verschickt, sind hier keine Angaben zum Bußgeld und den Nebenstrafen enthalten. Der Grund ist recht einfach: Durch die Anhörung wird das Verfahren erst vorbereitet, sie dient der Sachverhaltsaufklärung und Beweisermittlung. Das Verhängen übernimmt letztlich der Bußgeldbescheid.
Kann ich einen anderen Fahrer angeben, der meine Punkte und das Fahrverbot übernimmt?
Das Thema Punktehandel ist im Internet immer wieder zu finden. Allerdings sollten Autofahrer hiervon absehen. Einerseits besteht immer die Gefahr, sich durch die Angabe eines falschen Fahrers strafbar zu machen. Auf der anderen Seite drohen auch dem anderen Fahrer Konsequenzen. Wenn Autofahrer die Folgen eines Bußgelds fürchten, können Fachanwälte für Verkehrsrecht versuchen, zum Beispiel das Fahrverbot in eine Geldstrafe umzuwandeln.
Was passiert, wenn ich in der Anhörung falsche Angaben zu meiner Person mache?
Auch bewusst falsche Angaben zur eigenen Person (um das Bußgeld abzuwenden) sind keine gute Idee im Bußgeldverfahren. An dieser Stelle kann über § 111 OWiG eine Geldstrafe verhängt werden. Diese beläuft sich auf bis zu 1.000 Euro und wird wahrscheinlich deutlich teurer als das eigentliche Bußgeld sein.
Inhaltsübersicht
Aktuelle Urteile
September 2022
Landgericht Zwickau
1.000 € Schadensersatz (Versäumnisurteil)
Facebook ist selbst für das Datenleck verantwortlich
August 2023
"Von den Datenlecks hört man ja ständig, aber alleine habe ich mir nicht zugetraut, was dagegen zu machen. Aber wenn es so eine einfache Möglichkeit gibt, ist das mal einen Versuch wert finde ich. Ein Ergebnis habe ich aber noch nicht."
Darius T.
Oktober 2022
Landgericht Oldenburg
3.000 € Schadensersatz wegen Verletzung der DSGVO
Zuzüglich Zinsen von 4,12 % seit Klageerhebung
August 2023
"Der Kontakt war bisher sehr freundlich. Mein Verfahren läuft noch, also kann ich noch nichts zum Ergebnis sagen, aber ich fühle mich gut aufgehoben. Man merkt, dass Sie viel Erfahrung haben. Danke."
Alexandra M.
Mai 2023
Landgericht Stuttgart
500 € Schadensersatz wegen erhaltener Werbeanrufe
Es wurde ein "systematischer Verstoß" gegen die DSGVO festgestellt
Aktuelle Urteile & Bewertungen
November 2021
Landgericht Traunstein
Klage auf Rückabwicklung einer Debeka Lebensversicherung
Erhalt von 35% zusätzlicher Nutzungsentschädigung
November 2021
“Durch helpcheck konnte ich aus drei bereits gekündigten Verträgen nachträglich eine Summe von über 30.000 Euro geltend machen. Ich habe mit dem Geld nicht mehr gerechnet. Vielen Dank!”
Ralf P.
October 2021
Landgericht Traunstein
Klage auf Rückabwicklung einer AachenMünchener Lebensversicherung
Erhalt von 27% zusätzlicher Nutzungsentschädigung
März 2023
“Ich habe HelpCheck genutzt, um meine Lebensversicherung auszuzahlen, und ich bin absolut begeistert von dem Service. Die Auszahlung verlief reibungslos und ich habe mein Geld schneller erhalten, als ich es erwartet hatte”
Tobias E.
September 2022
Amtsgericht Aachen
Klage auf Rückabwicklung einer Proxalto Lebensversicherung
Erhalt von 2.700 € Nutzungsentschädigung und Rückerstattung
Aktuelle Urteile & Bewertungen
April 2022
Oberlandesgericht Frankfurt
Klage gegen Bwin
Der Anbieter wurde zur Rückzahlung von Spielverlusten i. H. v. 12.000 € verurteilt
März 2022
“Ich habe nicht damit gerechnet, dass es wirklich so einfach geht, aber: Vom gesamten Ablauf bis hin zum Ergebnis war ich durchweg positiv überrascht.”
Norbert K.
Januar 2021
Oberlandesgericht München
Klage gegen Mr. Green
Spielverluste i. H. v. 11.760 € müssen durch Mr. Green zurückgezahlt werden
März 2022
“Mit Hilfe von helpcheck konnte ich einen vierstelligen Betrag zurückfordern und das ganz einfach und ohne großen Aufwand. Sehr empfehlenswerter Service!”
David S.
Juni 2021
Landgericht Coburg
Klage gegen BWIN
BWIN wurde zur Rückzahlung von Verlusten i. H. v. 4.900 € verurteilt